Für die Fraktion PRO neuulm: Statement 21.3.18 zur Kreisfreiheit
von Albert Obert
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren,
Gestatten sie mit vorab 3 Anmerkungen:
Herr Kollege Wöhner sie haben sich schon den Kreisfreiheitsorden verliehen – gemach – erst muss die Regierung in München entscheiden.
Herr Bauer und Herr Juchheim, die Unterstellung wir wollten kein Bürgerbegehren und hätten deshalb den Antrag gestellt weise ich scharf zurück. Wie ich höre ist ja
schon eine geänderte Formulierung und eine Fortsetzung der Unterschriftensammlung im Gange.
Ich kann alle Kolleginnen und Kollegen verstehen, die Fragen beantwortet haben wollen. Wenn die Antworten aber in den über 100 Seiten der Vorlage schon schriftlich
vorliegen, so habe ich kein Verständnis für solche Fragenkaskaden wie zu Beginn der Sitzung.
Doch nun zur Position von PRO Neu-Ulm:
Die Verwaltungsreform 1972 wurde per Order de Mufti, also durch den Innenminister, von oben angeordnet. Es hieß: ab 1.7.1972 ist
Neu-Ulm kreisangehörig. Es gab keine Bürgerbefragung - trotz erheblicher Proteste. Verhandlungen zwischen Stadt und Kreis wurden erst nachträglich geführt und im Dezember 1972 einvernehmlich unterschrieben. Grundstücksübertragungen waren mit der Grundbuchberichtigung besiegelt, der Eigentumswechsel war somit vollzogen. Kurz – ein reiner, emotionsloser Verwaltungsvorgang.
Heute soll nun dieser hoheitliche Akt von 1972 in einem ersten Schritt, der Antragstellung durch die Stadt, zurückgeführt werden. Die Fraktion PRO Neu-Ulm stimmt
der heutigen Sitzungsvorlage zur Kreisfreiheit der Stadt Neu-Ulm zu. Entscheiden wird letztlich wieder der Ministerrat.
Wir von PRO gehen davon aus, dass erfolgreiche Verhandlungen mit dem Landkreis dann letztlich zum Ziel führen werden. In fairen, lösungsorientierten
Verhandlungen mit der Kreisverwaltung – frei von Winkelzügen und Vorwürfen jeglicher Art, ohne überflüssige Briefwechsel - sollten einvernehmliche Ergebnisse gefunden werden. Wir gehen davon aus,
dass die Verhandlungen zwischen Stadt und Landkreis meist zu klaren Trennungen führen und nur in besonderen Fällen enge Kooperationen erforderlich werden.
Meine Damen und Herren, nach den nun vorliegenden Zahlen wird dieser Schritt für die Stadt Neu-Ulm weder zu unkalkulierbaren finanziellen noch zu sonstigen Risiken
führen - die Investitionsfähigkeit der Stadt aber nachhaltig verbessern.
Und - wir sind sicher, dass Neu-Ulm mit der Kreisfreiheit wirtschaftlich und politisch in der Region und in ganz Bayern ein noch größeres Gewicht erhält. Wir werden
aber auch mehr Verantwortung zu tragen haben.
Unsere Entscheidung beruht neben den lokalen Fakten auf grundsätzlichen Überlegungen zum staatlichen Aufbau.
Grundgesetz Art.28.2. sagt: - ich zitiere -
(2) „Den Gemeinden muss das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu
regeln. Sie haben das Recht der Selbstverwaltung.“
Meine Damen und Herren, dabei ist Selbstverwaltung definiert als ein grundsätzlicher Baustein der lebendigen Demokratie, sie ermöglicht den Betroffenen eine
eigenverantwortliche Mitgestaltung – auch Subsidiaritätsprinzip genannt. Die Freien Wähler haben dies vor einiger Zeit auch im bayerischen Landtag gefordert. Damit wird die
Selbstbestimmung, Eigenverantwortung und die Entfaltung der Fähigkeiten der einzelnen Gemeinde angestrebt.
Dieses Prinzip legt eine genau definierte Rangfolge staatlicher gesellschaftlicher Maßnahmen fest und bestimmt die prinzipielle Nachrangigkeit der nächsten Ebene:
die jeweils größere gesellschaftliche oder staatliche Einheit soll nur dann, wenn die kleinerer Einheit dazu nicht in der Lage ist, aktiv werden und regulierend, kontrollierend oder helfend
eingreifen.
Aufgaben, Handlungen und Problemlösungen sollten so weit wie möglich vom Einzelnen, von der kleinsten Gruppe oder der untersten Ebene einer Organisationsform
unternommen werden. Nur wenn dies nicht möglich ist, mit erheblichen Hürden und Probleme verbunden ist oder der Mehrwert der Zusammenarbeit offensichtlich ist und dies allgemeine Zustimmung
erfährt, sollen größere Gruppen eingreifen.
Dieses Prinzip ist bewährte Praxis für föderale Staaten wie die BRD, die Schweiz und auch die EU.
Wir von PRO meinen: Neu-Ulm hat eine Position erreicht, in der wir diese Selbstbestimmung und Selbstverwaltung erfolgreich meistern können. Nach verschiedensten
Aussagen wird der Landkreis seinen Weg auch ohne Neu-Ulm schaffen.
Meine Damen und Herren, Neu-Ulm ist volljährig und will diese Freiheit nutzen – Freie Fahrt!
Und – welcher Arbeitnehmer ist nicht froh wenn er eine Chefebene weniger über sich hat? So kann man die Kreisfreiheit auch als eines Stück Verwaltungsvereinfachung
gesehen werden! Es gibt keine Doppel- sondern Parallelstrukturen. Wir bleiben doch auf diesem Planeten und beamen uns nicht ins Weltall. Wir werden auch zukünftig in guter Nachbarschaft zu den
umliegenden Gemeinden leben, besonders auch zu Ulm.
Das völlig sachliche Thema sollte ohne Emotionen entschieden werden. Auch wenn das Herz dabei ist wie Frau Richtmann sagt – doch der Kopf muss entscheiden.
Die Presse, die ausgiebig informiert hat, wird nun einige Schlagzeilen weniger haben – denn das Thema wird bis zur Münchner Entscheidung ruhen.
Wir stimmen der Sitzungsvorlage zu. Die letzte Entscheidung aber wird die bayerische Staatsregierung treffen. Vielen Dank!
Siehe Lokales aus der Presse:
Neu-Ulmer Zeitung Kommentar Michael Ruddigkeit
Süd-West Presse Kommentar Chirin Kolb
(SiMe)
Antragsbegründung PRO neuulm
Meine Damen und Herren,
wir meinen – die Zeit zur Entscheidung ist reif – eigentlich sollte sie ja schon im Herbst 2017 fallen - und haben deshalb den Antrag gestellt. Auch Kreisrat Baiker
hat dies nach Berichten am 14.3.2018 im Kreistag gefordert um endlich Klarheit zu bekommen.
Die Diskussion zum Thema Kreisfreiheit läuft seit rund 2 Jahren als der Vorschlag erstmals gemacht wurde – erst intern, dann begann die öffentliche Diskussion seit
den ersten offiziellen Debatten im Stadtrat. Im 1. Halbjahr 2017 bekam die Verwaltung vom Stadtrat den Auftrag, den Antrag vorzubereiten.
Die ersten Vorlagen der Verwaltung waren auch uns nicht ausreichend – jetzt aber, nach 3 öffentliche Veranstaltungen – sie waren gut besucht – und 3 öffentliche
Veranstaltungen mit Anmeldung und runden Tischen halten wir die Entscheidung für reif. – Ausführliche Informationen standen in der Presse und vor allem im Internet – einschließlich der
äußerst umfangreichen Sitzungsvorlage samt Antworten auf alle Anfragen.
Alle Zahlen liegen jetzt vor – um mit dieser Verwaltungsreform rückgängig zu machen was 1972 vom Innenminister angeordnet wurde. Er wird mit dem der
Ministerrat noch 2018 – aber wohl eher 2019 oder noch später entscheiden.
Heute stellen wir einen Antrag an die Regierung, sie entscheidet! Es ist unsere Aufgabe und Pflicht als gewählte Vertreter in einer repräsentativen Demokratie zu
entscheiden und uns nicht den Entscheidungen zu entziehen.
Dies ist keine aberwitzige Beschleunigung wie manche behaupten, wir hebeln keine Abläufe aus, es ist keine Dreistigkeit der Obrigkeit sondern eine konsequente
Erfüllung unserer Aufgaben als Ratsmitglieder.
Wenn die Mehrheit heute für den Antrag entscheidet warten wir gespannt auf die Münchner Entscheidung.
Für die Fraktion
Albert Obert
(SiMe)
Bürger PRO Neu-Ulm
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